Eine Portion Heimat

Mal eine Geschichte fürs Herz …

Wie vielleicht dem einen oder anderen unter euch bekannt ist, koche ich ganz gerne 🙂 Nicht nur für mich.
Auf der Station, wo ich arbeite (Traumastation, Kinder-und Jugendpsychiatrie) sind ab und an mal Patienten aus den verschiedensten Ländern. Unter ihnen sind auch Flüchtlingskinder, mit den herzzerreißensten und traurigsten Geschichten. Die möchtet ihr gar nicht wissen, da sträuben sich einem die Haare.
Viele sind traumatisiert von ihren Erlebnissen, leben hier alleine, ohne Eltern und Familie, haben niemanden mehr.
Viele von ihnen mögen das deutsche Essen nicht, vermissen ihre Heimatküche, ihr Lieblingsessen.

Und bei solchen Kindern habe ich immer das Bedürfnis, ständig für sie zu kochen. Ihnen wenigstens ein bisschen was Gutes tun, ein bisschen Heimatgefühl zu schenken.
Vor einiger Zeit hatten wir wieder zwei Jungs, denen es genauso ging. Als ich sie gefragt habe, was ihr Leibgericht sei, irgendwas, was ihre Mütter immer für sie kochten, was sie so gerne wieder mal essen würden, haben sie es mir mit großer Freude und Aufregung mitgeteilt.
Wir haben es gemeinsam gegoogelt, Bilder und Rezepte angeschaut und sie durften sich die Rezepte aussuchen, die sie sich wünschten:  Ghormeh Sabzi, Safranreis und Sambusa (habe dadurch zum ersten Mal Blätterteig selbst gemacht) 🙂

Gesagt, getan, habe ich mich auf den Weg nach den speziellen Supermärkten gemacht, die schwer zu finden sind, im Umkreis. Es gab so spezielle Zutaten, von denen ich noch nie gehört hatte, z.B. ganze getrocknete Limetten, eine bestimmte Kräutermischung mit Kräutern oder Gewürzen, die hier nicht überall zu bekommen sind.

Als der eine Junge mich fragte:”Darf ich Sie umarmen?” lachte und weinte mein Mutterherz zugleich.

Das Glück in ihren Gesichtern und in ihren Herzen ist einfach unbezahlbar und für mich einer der größten Freuden, die ich immer wieder gerne erlebe.

Und es macht mich jedes Mal demütig und dankbar. Für so vieles …

Schmalznudeln? Achsoooo … :)

 

Jetzt muss ich mal was Lustiges und Interessantes erzählen. Zumindest war es für mich so.

Letztens hatte ich ein langes Wochenende in München. Es gab dort einen weiteren Kochkurs von mir (by the way: jaa! Endlich mal in München und es war mega schön!). Ich also gefragt, was ich denn mal unbedingt essen/probieren müsste, bevor ich wieder abreiste.
Schweinshaxe, Weißwurst und Co. kamen erst gar nicht infrage. Dann fiel noch das Wort “Schmalznudeln”.
Hmm, dachte ich. Das klingt interessant. Was ist das? Irgendwas mit Hefeteig … und Käse? OK.  Wo gibt’s des? Am Viktualienmarkt? Im “Cafe Schmalznudeln”? Gebongt!

Es war mein letzter Tag in München und ich dachte mir, frühstückst Du heute mal nicht im Hotel, gehste bummeln, holste Dir so’n Hefeteilchen, dann haste auch Dein Frühstück hinter Dir. Zum Mittagessen wollte ich mich eh noch mit jemandem treffen ( Alexandra, endlich! Es war so schön, dass wir uns endlich mal gesehen haben). Hatte für sie noch so ein kleines Mitbringsel-Täschchen mit einigen Schweinereien, ihr wisst schon (NEIN!! Es waren KEINE Nacktfotos von Channing Tatum und Co.!)
Ich dachte mir, wieso ein paar Blümchen mitbringen, die in ein paar Tagen im Müll landen? Lieber etwas, was ein Leben lang auf ihren Hüften landet, damit sie sich halt noch lange an mich erinnert -HARR! HARR!
Mooooment! Stop! Ich hatte auch noch ein bisschen Obst mit eingepackt, als Alibi. Chr. Chr.

Ich also, ins Café Schmalzdingens, schaute mir die Klöpse an, die da so rumlagen und dachte mir:”Oh, was für eine Ähnlichkeit die haben, mit unseren türkischen … ”
Da fragte mich schon die nette Verkäuferin, was ich möchte. Ich erklärte ihr, dass mir diese Teilchen mit Käse empfohlen wurden und – da sagte sie bereits:”nee, wir hom nix mit Käse.”
Äh, okaaay … soryyy … dann muss ich das wohl irgendwie falsch verstanden haben, mit dem Käse. Ich fragte, was das denn überhaupt genau sei, mit den “Schmalznudeln”?
Und als sie mir erklärte “Hefeteig in Fett ausgebacken” dämmerte es mir endgültig! Das waren nichts anderes als unsere türkischen “Pişi” (pischi) !!!
PİŞİ? Echt jetzt??

Da fahre ich also 620 km, über 7 Stunden, um in München Pişi zu essen? Das Pişi, das meine Ur-Ur-Ur-Urgroßeltern schon aßen und es bei uns so ein “ach-heute-hab-ich-nix-im-Haus-dann-gibts-halt-pischi”-Gericht ist? WTF???

(Siehe Bild: das Foto vom Café hab ich gemacht. Die unteren beiden Fotos sind aus’m Netz. Links: Schmalznudeln. Rechts: Pişi)

OK. Darauf war ich jetzt wirklich nicht vorbereitet und wollte jetzt auch kein Pişi zum Frühstück essen. Obwohl der Türke da ja nix kennt und diese Dinger auch gerne zum Frühstück gemacht werden. Aber seelisch war ich jetzt ganz und gar nicht darauf vorbereitet. Und was weiß ich, was ich mir da vorgestellt hatte, aber kein Pişi, verdammt!

Aber wie sollte ich denn jetzt noch’n Rückzieher machen und flüchten?
Die Verkäuferin sagte, wenn ich am Tisch essen möchte, dann sollte ich mich schon mal hinsetzen und auf die Bedienung warten. Ich musste aber vorher mal, für kleine enttäuschte Türkinnen, und fragte nach dem WC.
Sichtlich erleichtert verließ ich das WC und setzte mich nach draußen. Das Wetter war OK.
Ich wartete auf die Bedienung.
Und wartete.
Und wartete.

Als niemand kam, stand ich einfach auf und ging. Einfach so. Kackendreist.
Innerlich machte ich eine Siegerfaust und dachte:”Yessss! Doch noch geschafft, diesem fett-triefenden, gefühlten 800-Punkte-Hefeklops zu entgehen! Yes, yes, yesss!”

Ich ging so ca. 100 m.
Innerlich hörte ich Winnersongs wie “We are the Champions” oder “I will survive” und grinste über beide Ohren, als …
Kennt ihr in Filmen die Szene, wo eine angenehme und tolle Musik zu hören ist, aber diese Musik plötzlich wie mit einem “Cut!” und einem Quietschen abgeschnitten wird und man als Zuschauer weiß, jetzt kommt was Blödes (für die Protagonisten)?
Jep. Genau an dieser Stelle war ich grad auch, als es mir dämmerte:”ach du Kacke!!! Ich hab mein Geschenktäschchen auf’m Klo vergessen!!! F***k!!”

Ähm … Das gute Ooooobst! *hüstel*

Ich, so-fort zurückgerannt, durch die Gassen der Münchener City, im Kopf die “Mission Impossibel” – Musik und der Gedanke :”oh mein Gott, hoffentlich ist die Tasche da noch irgendwo. Hoffentlich hat sie jemand bei der Verkäuferin abgegeben. Lieber Gott, lass die Tasche bitte nicht eine Zuckersüchtige wie mich gefunden haben, bitte bitte!”

Im Kopf hatte ich schon ein Horrorbild von dem fast leeren Täschchen, mit nur dem Obst darin.
Und vor allem ICH, mit Handschellen abgeführt. Am nächsten Tag SO ne große Zeile in der Bild:”moppellige Frau, A.T. aus C.-R., bestellte zuerst eine Schmalznudel und einen Kaffee, flüchtete aber bevor sie es serviert bekam.”

Dann die Aussage und das Foto von einer völlig aufgelösten und enttäuschten Bedienung:” ich kam mit meinem Tablett an ihren Tisch und sie war … sie war einfach weg … *schluchz*… und wir waren uns so einig, dass sie bestimmt noch drei Schmalznudeln mehr bestellt  und kräftiges Trinkgeld da gelassen hätte. Es ist mein erster Arbeitstag gewesen. Ich bin für den Rest meines Arbeitslebens traumatisiert. *schnief* ”

Aber, dann geschah ein Wunder: das Täschchen war mit all seinem köstlichen Inhalt noch genau da, wo ich es hingestellt hatte, in einem der zwei Toilettenräume.
Haaaa-le-luujah!

Ich schnappte es mir und schlich mich in dem Gewusel wieder unauffällig raus, auf die Straße, ohne aufgehalten oder angesprochen zu werden, in Richtung Literaturhaus, wo ich ja ein Date hatte und so lecker zum Mittag gegessen habe.

Übrigens feiere ich dieses Literaturhaus so, wegen des leckeren Essens und der Untertassen.
Also, echt mal! 😀